Gute Gabe

Männer für Kinderhospizdienst gesucht!

Wenn Männer sich ehrenamtlich engagieren, werden sie vielleicht Trainer beim örtlichen Fußballclub. Arbeit mit behinderten oder kranken Kindern und deren Familien ist eher den Frauen vorbehalten. Das ist zumindest beim „Kinder Palliativ Netzwerk“ Essen so. Seit zehn Jahren gibt es dort den ambulanten Kinderhospizdienst, der auf ehrenamtliche Kräfte setzt – in der Mehrheit Frauen. „Bedauerlich“ findet das einer der wenigen Männer im Team, Jürgen Bordt (Foto). Der Essener ist seit acht Jahren Kinderhospizbegleiter und wünscht sich mehr männliche Unterstützung.

Das können die Koordinatorinnen des ambulanten Kinderhospizdienstes Wilma Neuwirth und Inge Pleiss nur unterstreichen. „Im Mittelpunkt unseres Engagements stehen ja nicht nur die lebensverkürzend erkrankten oder behinderten Kinder, sondern die gesamte Familie dieser Kinder, die belasteten Eltern und die Geschwister. Da sind Männer als Begleiter in den Familien oft sehr gefragt.“

Jürgen Bordt kümmert sich um eine muslimische Familie in Essen, die das Schicksal schwer getroffen hat. Zwei Kinder kamen mit einer lebensbedrohlichen Erbkrankheit zur Welt, das ältere Kind ist schon gestorben, das jüngere ein Pflegefall, die drei weiteren Geschwister und die Eltern müssen nicht nur mit den Ängsten und Verlusten fertigwerden, sondern auch die vielen Hürden bewältigen, die der Alltag mit schwerstbehinderten Kindern mit sich bringt. Bordt kümmert sich vor allem um die schulische Unterstützung der gesunden Geschwisterkinder, gibt Nachhilfe, steht bei den Hausaufgaben zur Seite. Er ist aber ebenso für die Eltern da, wenn es um bürokratische Erledigungen oder Behördengänge geht. Vor allem in der Zeit des herannahenden Todes des Kindes und danach war er zudem als Gesprächspartner vonnöten. „Darauf muss man sich einlassen können“, weiß Inge Pleiss, professionelle Trauerbegleiterin, die gemeinsam mit Wilma Neuwirth die ehrenamtlichen Schützlinge auf alle Situationen so gut wie möglich vorbereitet.

Jürgen Bordt haben die intensiven und verschiedenen Aufgaben in der Familie, die er betreut, sehr geprägt. „Ich bin froh und dankbar, dass ich ihnen helfen darf, nicht nur kann“, sagt er. Das Verhältnis zu „seiner“  Familie beschreibt er als „sehr herzlich und vertrauensvoll“.  Aber er betont: „Ich bin kein Mitglied der Familie, ich sehe mich als gute Begleitung.“ Zwei bis drei Stunden verbringt er pro Woche bei „seiner“  Familie. „Das klingt erstmal nach nicht so viel“, räumt Wilma Neuwirth ein, „aber über die Jahre und in der Kon-stanz ist es so hilfreich.“

Vor zehn Jahren startete der ambulante Kinderhospizdienst, dessen Tätigkeitsgebiet sich inzwischen von Essen über Mülheim, Oberhausen, Bochum Bottrop, Gelsenkirchen bis nach Heiligenhaus erstreckt, mit einem Vorbereitungskurs für interessierte Ehrenamtler. Derzeit sind 53 Kinderhospizbegleiter aktiv, nur fünf sind Männer. „Es wäre so wichtig, dass sich mehr Männer finden“, wirbt Bordt. „Nicht meinetwegen“, fügt er ernst an, „sondern der Kinder und Jugendlichen wegen. Den erkrankten Jungen fehlen im Familienalltag oft die Männer.“ Die könnten Freizeit und Hobbys mitgestalten, mit Kindern im Rollstuhl Spazierfahrten machen. Oder sie könnten sich, wie Jürgen Bordt, um die Geschwisterkinder kümmern, die aufgrund der Erkrankung von Bruder oder Schwester oft aus dem Fokus verschwinden. Männer könnten und würden anders fördern und fordern, aber genau damit eine – wie in vielen anderen „sozialen“ Berufen auch – verhängnisvolle Leerstelle ausfüllen.

Natürlich gehört bei der Begleitung einer Familie mit erkranktem oder schwerstbehindertem Kind alles irgendwie zusammen. „Mein erster und mein letzter Gang beim Besuch der Familie ist natürlich das Kinderzimmer des erkrankten Kindes“, erzählt Bordt. Aber der Essener ist nicht pflegerisch gefordert. Das könnte er auch gar nicht. „Ich habe mich auf die schulische Betreuung der Geschwister spezialisiert, das kommt meinem früheren Beruf als Schulrat auch sehr entgegen.“ Wilma Neuwirth und Inge Pleiss vermuten, dass Männer möglicherweise größere Hemmungen haben, sich auf dem Feld der „sozialen Hilfe“ zu bewegen. Aber sie können auch Druck aus dem Kessel nehmen. „Es geht ja hier nicht um medizinisch-pflegerische Versorgung. Gesprächspartner zu sein und Hilfestellungen im Alltag zu geben, darauf kommt es an. Bei uns kann sich im Grunde jeder engagieren.“

Im Falle von Jürgen Bordt war es auch eine Begegnung mit einer anderen Kultur und Religion. „Wenn ein Kind so schwer krank ist, spricht man auch über Glaubensfragen, über Leben und Tod.“ Insofern ist natürlich von großer Bedeutung, dass die Ehrenamtler grundsätzliche Offenheit mitbringen. „Man muss bereit sein zu Kommunikation, Austausch und Selbstreflexion, muss Standfestigkeit und Geduld mitbringen“, fasst Inge Pleiss zusammen. Jürgen Bordt macht im Gespräch den Eindruck, als könne ihn so schnell nichts erschüttern. Für ihn ist die ehrenamtliche  Arbeit beim Kinderhospizdienst eine „Bereicherung“. Ein schönes Gefühl, wie er sagt, das er gerne teilen möchte. Also, Männer vor!

Informationen zum Ehrenamt und zum Kurs:
Tel. 0201-27508-177 oder -144

SO WIRD MAN(N) EHRENAMTLICHER KINDERHOSPIZBEGLEITER

Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF)  ist Träger des „Kinder Palliativ Netzwerkes“ Essen und des dazugehörigen ambulanten Kinderhopizdienstes. Regelmäßig werden Vorbereitungskurse angeboten, der nächste findet im Februar 2017 in Essen statt. In 110 Stunden über mehrere Wochenenden oder Abende verteilt werden die Teilnehmer intensiv und ganzheitlich geschult. Gesprächs- und Kursinhalte sind die verschiedenen Krankheitsbilder und Einzelfallhilfen mit vielen Praxisbeispielen. Ein wichtiger Punkt der Ausbildung ist das Thema „Eigenreflexion“. Was hat mir gut getan? Welche Verluste musste ich verkraften, wer hat mir geholfen? lauten einige der Fragen, die erarbeitet werden. „Am Ende geht es weniger darum, was man alles können muss, als vielmehr für die betroffene Familie da zu sein, sich selbst  zurückzunehmen und zuzuhören“, erläutert Koordinatorin  Wilma Neuwirth.  In Gesprächen wird schließlich erörtert,  welche Familie zum ehrenamlichen Kinderhospizbegleiter passen würde. „Dieses Amt ist als längerfristiges Engagement zu sehen“, sagt Neuwirth. „Zwei bis drei Jahre sollten es schon sein.“

Wer die Zeit oder Muße für eine solche Tätigkeit nicht hat, kann auch spenden.
Empfänger: SkF Essen-Mitte e.V., 
Pax-Bank Essen, Stichwort: KPN,
IBAN: DE80 3706 0193 2002 8990 11

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