Beziehung

Du bist für mich der/die Grösste

Kleine Leute mit großem Herz! Auftakt zu einem wunderbaren Hochzeitsfest mit Familie und Freunden.

Sie müssen sich in ihrem Leben nach so vielem strecken. Das Leben als Kleinwüchsiger ist anstrengend und erfordert Geduld. Daria und Christoph Leez aus Bottrop meistern es mit Bravour und Liebe!

Text Jutta Laege I Fotos Achim Pohl

Es ist ja immer alles eine Frage der Perspektive. In diesem Fall ganz besonders. Wenn eine, sagen wir mal, deutsche Durchschnittsfrau mit 1,68 Meter Größe zu ihrem 1,90 Meter großen Mann hochschaut, finden wir das normal. Wenn eine 1,24 Meter kleine Frau zu ihrem 1,50 Meter kleinen Mann hochschaut, stutzen wir. Dabei sagen beide Frauen im besten Falle dasselbe: „Du bist für mich der Größte!“

Daria und Christoph Leez aus Bottrop sind ein ungewöhnliches Paar. Sie misst eben genau diese 1,24 Meter. Er die oben genannten 1,50 Meter. Beide sind kleinwüchsig, auch wenn Christoph unter Kleinwüchsigen tatsächlich schon ein Riese ist. „Mit 1,50 Meter bin ich genau an der Grenze“, erklärt er. Dass er ebenso als kleinwüchsig gilt wie seine Frau, hat auch mit den Besonderheiten ihrer Krankheit , der „Achondroplasie“, zu tun: Der Oberkörper ist normal ausgewachsen, aber Arme und Beine sind verkürzt.

Wobei, was heißt hier eigentlich Krankheit? „Wir empfinden unsere Kleinwüchsigkeit nicht als Erkrankung“, insistiert Daria Leez vehement. „Es ist eine Behinderung. Es ist ja nicht ansteckend. Wir sind ja damit aufgewachsen. Wir gehen arbeiten, wir treiben Sport, wir führen ein ganz normales Leben.“

Die Blicke, mit denen sie als Paar begutachtet werden, entgehen ihnen nicht. Aber diskriminiert fühlen sie sich deshalb trotzdem nicht. Dafür sind die beiden schlicht zu selbstbewusst. „Ich empfinde gar keine Nachteile aufgrund meiner Behinderung“, sagt Daria Leez. „ Es kommt einfach nur darauf an, wie man sich organisiert. Natürlich seien manche Dinge mühsamer und man brauche viel Geduld. „Aber ich habe auch keine Probleme, Leute anzusprechen, wenn ich Hilfe brauche.“ Im Supermarkt zum Beispiel, wenn sie an bestimmte Waren nicht herankommt. Meistens machen die beiden ihre Einkäufe aber zusammen, und dann reicht Christophs Körpergröße doch aus.

Kennengelernt haben sich die beiden vor mehr als vier Jahren in einer Gruppe für Kleinwüchsige in einem sozialen Netzwerk. „Daria war meine erste kleinwüchsige Freundin“, schmunzelt ihr Mann. Er: ein ruhiger, entspannter junger Mann aus dem Norden (Wismar, Mecklenburg-Vorpommern), sie: ein echtes Ruhrgebietsmädel aus Bottrop mit direkter Ansprache, da glühten schnell die Social-Media-Kanäle.

Wer zuerst was findet, zieht um!

„Wir haben gechattet und geskypt“, erinnern sich die beiden. „Und nach drei Monaten haben wir beschlossen, dass wir uns mal treffen müssen.“ Gesagt, getan. Verabredet – (genau auf der Hälfte ... in Bramsche!) – verliebt – verlobt – verheiratet.

Ganz so schnell ging das alles natürlich nicht. Zum Zeitpunkt des Kennenlernens lebte Christoph Leez bei Hamburg, er hatte nach der Schule eine Ausbildung zum Zweiradmechaniker gemacht und dort einen Job bekommen. „Ich wollte immer handwerklich arbeiten, bloß nicht im Büro sitzen“, erzählt er. Daria Leez, gelernte Kauffrau für Bürokommunikation, hatte ihren Job in Essen. Und weil eben alles eine Frage guter Planung ist, war der nächste Schritt wohl durchdacht: „Wer zuerst in der Nähe des anderen eine Stelle bekommt, der zieht um!“ Es traf ihn: Christoph bekam einen Job am Niederrhein und zog nach zweieinhalb Jahren Fernbeziehung zu seiner Daria. Es folgten standesamtliche Hochzeit am Freitag, den 13., kirchliche Trauung, ein halbes Jahr später, ebenfalls am Freitag, den 13. „Wir hatten ein wunderschönes Fest“, schwärmen die beiden. 80 Gäste feierten fröhlich mit.

Jetzt, knapp sechs Wochen später, ist wieder Ruhe eingekehrt in der 70-Quadratmeter-Wohnung in Bottrop. Hier ist bis auf die Küche alles normal groß. „Beim Kochen auf einen Tritt zu steigen, wäre mir zu gefährlich gewesen“, erklärt Daria Leez. Nachwuchs ist übrigens nicht ausgeschlossen, geben die beiden noch zu Protokoll. Dafür müssten sie sich dann aber wohl, wie man so schön sagt, vergrößern – räumlich, versteht sich!

Kleinwüchsigkeit: zu 20 Prozent vererbt

Der Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien e.V. (BKMF) vertritt seit 1988 die Interessen kleinwüchsiger Menschen. Gut 100.000 Bundesbürger sind von Kleinwuchs betroffen, sie sind oder werden als Erwachsene zwischen 70 cm und 150 cm groß. Die Achondroplasie ist häufigste Ursache für den so genannten Kleinwuchs. Bei ungefähr 80 Prozent der Menschen mit Achondroplasie wird die Krankheit durch eine neu (spontan) aufgetretene Mutation in den Keimzellen der Eltern verursacht. In den übrigen 20 Prozent wird die Behinderung vererbt: Ein Betroffener gibt sein verändertes Gen mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent an sein Kind weiter. Kinder mit einer Achondroplasie fallen in der Pränataldiagnostik oder bei Geburt meist durch den relativ großen Kopf und die kurzen Arme und Beine auf. Die Lebenserwartung von Menschen mit Anchondroplasie ist nicht verändert. (Infos: www.bkmf.de)

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