Überleben – was im Rückblick so leicht daher gesagt klingt, ist ein unerbittlicher Kampf. Drei Wochen liegt Thomas Fritz im Koma. Als er aufwacht, sind Ärzte und seine Schwester bei ihm. Er will fragen, was die ganzen Leute in seinem Schlafzimmer zu suchen hätten, und bekommt kein Wort heraus. Der Schlaganfall hat nicht nur seine rechte Körperhälfte gelähmt, sondern auch das Sprachzentrum getroffen. Thomas Fritz ist von einer Sekunde auf die nächste in ein anderes Leben katapultiert worden. „Am Anfang bin ich fast wahnsinnig geworden, weil ich mich nicht artikulieren konnte“, schildert er. Der gelernte Maschinenbauingenieur muss mit damals 28 Jahren alles wieder neu lernen. Laufen, essen, sprechen, sich anziehen, sich waschen, die einfachsten Handgriffe. Anderthalb Jahre verbringt er in Krankenhäusern und Rehabilitationszentren, trainiert hart – mit dem festen Willen, wieder in sein altes Leben als wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Hochschule in Aachen zurückzukehren. „Ich hatte große Pläne, doch alles hat sich in Schall und Rauch aufgelöst.“
Er ist dem Beruf nicht mehr gewachsen, muss ihn aufgeben. „Als Schwerbehinderter neu anzufangen, ist nahezu aussichtslos“, weiß er aus Erfahrung – und hat doch Glück im Unglück. Ein ehemaliger Lehrer bringt ihn auf die Idee, sich im EDV-Bereich zu spezialisieren und selbstständig zu machen. Thomas Fritz kehrt nach Bochum zurück, baut sich eine neue Existenz auf. Seit knapp 20 Jahren arbeitet er nun schon in der Erwachsenenbildung. Der Zufall will es, dass er von einem Modellprojekt in Bochum hört. „Die Hochschule für Gesundheit suchte Freiwillige für eine Ausbildung zum ehrenamtlichen Schlaganfallhelfer. Und ich wollte etwas tun.“
Zu diesem Zeitpunkt ist auch Ralf Kronenberg bereits durchs Martyrium gegangen. Im Februar 2011 trifft ihn der Schlag ins Gehirn. Drei Tage lang hatte der gelernte Betriebswirt unter Kopfschmerzen gelitten, er ist Migränepatient, misst den Schmerzen keine größere Bedeutung bei. Doch dann kann er plötzlich auf einem Auge nicht mehr richtig sehen. Seine Frau Karin ruft den Notarzt. Ihr Mann steigt noch selbstständig in den Rettungswagen. Dann verliert er das Bewusstsein. Seine Überlebenschance liege bei 20 Prozent, lassen die Ärzte die verzweifelte Ehefrau wissen. Die Schwellung im Gehirn ist enorm, eine Schädelöffnung, um den Druck im Kopf abzuleiten, unausweichlich. Ralf Kronenberg wird ins künstliche Koma versetzt, liegt dann vier Wochen auf der Intensivstation. Er schafft den Weg zurück ins Leben, aber die Einschränkungen sind enorm. Er ist linksseitig gelähmt, dazu kommt ein „Neglect-Syndrom“, ein halbseitiger Gesichtsfeld-Ausfall. Kronenbergs Gehirn lässt ihn bei der Wahrnehmung all dessen, was sich links vom ihm abspielt, im Stich. Er kann folglich nicht einmal allein über eine Straße gehen. „Ich bin zu 100 Prozent auf fremde Hilfe angewiesen“, sagt er voller Traurigkeit. „Ich war immer ein sportlicher Typ. Es fällt mir schwer, mein Schicksal zu akzeptieren.“ Auch weil er sich nach der ersten Genesung zunächst mehr zutraute. „Ich habe überhaupt keine geistige Einschränkung, das macht es umso bitterer.“