Begegnung

Das Ziel ist es, nicht umzukommen

BENE: Herr Messner, Sie haben als erster Mensch unter schwersten Bedingungen alle Berge mit einer Höhe von über 8000 Metern bestiegen. Sie haben ihr Leben risikiert, sich immer wieder in Gefahr gebracht. Warum?

Reinhold Messner: Weil Berge besteigen meine große Leidenschaft ist. Beim Alpinismus arbeiten wir gegen unseren Selbsterhaltungstrieb. Das heißt, dass wir Grenzgänger immer weiter in eine Gefahrenzone hineingehen. Das Ziel dabei ist es, nicht umzukommen. Wenn ich das geschafft habe, ist das im Rückblick eine erhellende Erfahrung. Habe ich im Überleben doch eine starke Bestätigung meines Lebenstriebes erfahren.

BENE Das ist aber auch relativ unvernünftig.

Reinhold Messner: Ein vernünftiger Mensch macht nur das, wofür er Talent hat. Ein Mensch, der gesund ist, kann alles, was er will, aber er will nur das, was er kann. Das Einschätzen von Gefahren ist wichtig. Es heißt: „Das Können ist des Dürfens Maß.“ Mir ist völlig bewusst, dass ich ein Sterblicher bin – ich riskiere mein Leben nicht. Wenn ich aber in der Wildnis bin, werden Gefahren zu Risiken. Ich hänge am Leben und halte den Menschen für eine geniale Entwicklungsphase des Daseins. Es stellt sich heute die Frage, ob der Mensch in der Lage sein wird, einen Übermenschen zu produzieren. Ich glaube nicht, dass er das schafft. Wir werden Maschinen finden, die ein besseres Gedächtnis haben, die schneller rechnen und reagieren können, aber die werden nie mit Bewusstsein und Empathie gesegnet sein.

BENE: Es gibt Redewendungen wie „über den Berg sein“ oder auch „einen Berg Arbeit vor sich haben“. Bergsteiger sind Meister darin, Herausforderungen anzunehmen und zu bewältigen. Wie schafft man das?

Reinhold Messner: Um eine Herausforderung anzunehmen, muss man sagen: Ja, ich wage es, das ist meine Herausforderung. Ich identifiziere mich mit meinen Zielen. Wenn man sich Herausforderungen aufzwingen lässt, ist man in einer beklemmenden Situation. Aber wenn man sagt, ich möchte das unbedingt machen, dann gilt es, die Gabe des Wagens zu entwickeln. Diese ist nur erlernbar, wenn man mit der Welt, in die man hinein will, vorsichtig und zugleich beherzt umgeht. Im Moment des Umsetzens passiert dann die Erfahrung. Es gab bessere Bergsteiger als mich, aber viele von ihnen haben nur von ihren Träumen geredet. Sie haben nicht gehandelt. Erst bei der Umsetzung einer Idee erfahre ich gelingendes Leben. Auch dann, wenn ich die Herausforderung nicht bewältige. Denn danach weiß ich zumindest, warum ich Erfolg hatte, oder warum es nicht geklappt hat.

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