März 2025
AUFSTEHEN UND DIE WELT GESTALTEN
Oster-Gefühle nach persönlichen Katastrophen
Bald ist Ostern – und da hat das Verstecken Tradition. Jesus ist laut Bibel drei Tage nach seiner Hinrichtung am Kreuz von den Toten auferstanden. Das feiert man bekanntlich auch mit dem Brauch, bunt gefärbte Eier und kleine Geschenke außer Blickweite zu bringen und am Ostermorgen von Kindern suchen zu lassen. Eine frohe Botschaft des Festes: Nach schmerzhaften, bitteren Erlebnissen, wenn man das Gefühl hat, am Ende zu sein – selbst dann sind Neuanfänge möglich. Geschichten, die genau das im Hier und Jetzt belegen, erleben Menschen jeden Tag – wie zum Beispiel Barbara Mikus-Boddenberg. Die Essenerin kann man aus dem Radio kennen: als eine Autorin und Sprecherin der Reihe „Kirche im WDR“. Sie ist Theologin, Lehrerin und Psychotherapeutin. Nicht nur aus ihrer beruflichen Erfahrung weiß sie: Nach Hoffnungsschimmern und Möglichkeiten, in schweren Zeiten selbst „Auferstehung“ fühlen zu können, muss man aktiv suchen. Sie sind meist deutlich schwerer aufzuspüren als ein gut verstecktes Osterei. In BENE berichtet die 63-Jährige, wo sie immer wieder fündig wird. I sg
„Einer meiner Arbeitsplätze ist die Familienberatungsstelle der Caritas und des Sozialdienstes katholischer Frauen in Essen. Ich bin dort in der Ehe- und Lebensberatung. Ganz viele Auferstehungen von Menschen habe ich bei dieser Tätigkeit schon erlebt.
Wenn wir uns mal unsere Beziehungen anschauen: Da hakt es doch bei allen hier und da mal, oder? Manchmal hakt es aber so sehr, dass wir leiden und deshalb etwas tun müssen. Dann kommt eine Beratungsstelle wie unsere ins Spiel. Paare, die sich auseinandergelebt haben, die Schwierigkeiten mit ihren Eltern, Schwiegereltern, Kindern oder der Patchworkfamilie haben: All das sind Themen, die bei uns stattfinden.
Wir sind bemüht, dass die Beziehungen der Menschen, die zu uns kommen, halten, auch in Krisen weitergeführt werden. Dazu müssen Paare Arbeit in ihre Beziehung investieren. Das geht am besten in drei Schritten. Jeder und jede sollte sich zunächst selbst hinterfragen: Wie gebe ich mich in die Beziehung ein? Was will ich erreichen? Wie wirke ich auf mein Gegenüber? Dann ist als zweiter Schritt das Einfühlen ins Gegenüber gefragt: Wie empfindet das ,Du‘ gerade? Warum reagiert die andere Person so, wie sie es tut? Im dritten Schritt geht es um das gegenseitige Verstehen und die Verständigung. Jeder und jede kann das wirklich lernen, ich kann da nur Mut machen. Und dann lebt eine Beziehung noch mal neu auf. Da haben wir es, so ein Oster-Gefühl!
Es gibt aber manchmal auch Lebenssituationen, in denen klar wird, dass eine Partnerschaft ein Ende finden muss – weil sie an die absolute Grenze gelangt ist. Ist eine Trennung unausweichlich, dann unterstützen wir auch beim Auseinandergehen. Das passiert nicht leichtfertig, sondern erst dann, wenn Beziehungsarbeit nicht weiterführt. Solche Fälle tun mir immer leid. Aber manchmal bin ich regelrecht mit erleichtert. Auch ein Gehen kann Auferstehung sein. Diese Menschen haben nach einem langen Leidensweg die Möglichkeit, noch mal etwas Unbekanntes im Leben zu entdecken.
Dass sich irgendetwas noch mal zum Guten wenden kann, fällt besonders den Menschen schwer zu glauben, die mir in der Lebensberatung gegenübersitzen, weil bei ihnen das Schicksal zugeschlagen hat. Sie sind zum Beispiel plötzlich von einer schweren Krankheit betroffen oder vom Tod eines geliebten Menschen. Sie kommen nach dem ersten Schock oder versuchen schon eine Weile, allein klarzukommen. Das Gefühl der Machtlosigkeit, des Ausgeliefertseins haben sie gemeinsam. Etwas hat sie überwältigt und ihr Leben radikal auf den Kopf gestellt.
Wir in den Beratungsstellen können diese Grundsituationen nicht ändern. Aber wir können mit den Menschen erarbeiten: Wie bekomme ich es hin, mit dem Schicksal zu leben? Nehmen wir zum Beispiel die Frau, deren Mann bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Sie hat sich gefragt: Wie kann ich meinen Kindern Stütze sein in einem Moment, in dem ich selbst völlig verloren bin? Da haben wir bei der Caritas den Vorteil, dass wir auch die Erziehungsberatung und ihre speziellen Unterstützungsmöglichkeiten mit im Haus haben. Das gemeinsame Beratungssystem greift, das finde ich so großartig!
In allen möglichen Bereichen merke ich: Leben ist nun einmal Arbeit. Ohne Einsatz, ohne Engagement, ohne Motivation, etwas zu verstehen, weiterzuentwickeln oder zu verändern, wären wir Menschen nur Marionetten der Fremdbestimmung. Um meine Freiheit verantwortungsvoll zu leben, sollte ich mein Leben gestaltend in die Hand nehmen. Dabei komme ich immer wieder an Grenzen meiner Selbstbestimmung. Dann gilt es, mich, meine Gedanken und mein Tun zu reflektieren – auch im Gespräch mit anderen, zum Beispiel bei einer Beratungsstelle.
Das ist mein Motto: ,Aufstehen. Wahrnehmen, was in mir und um mich herum passiert. Mich für die Umsetzung meiner Lebensarbeit entscheiden. Und dann im Austausch mit anderen die Welt gestalten.‘ Österlicher geht’s nicht!“
HIER FINDET SICH HILFE
Bei sozialen Problemen jeglicher Art finden sich in allen Städten des Bistums Essen Anlaufstellen. Die Beratungs- und Hilfsangebote der Caritas sowie des Sozialdienstes katholischer Frauen und Männer (SkF und SkM) stehen allen Menschen offen, man muss kein Kirchenmitglied sein.
Eine Übersicht der Einrichtungen bietet die Internetseite www.caritas-essen.de/ hilfeundberatung. Auf dieser Seite gibt’s auch die Möglichkeit einer anonymen Online-Erstberatung. Der Caritasverband für das Bistum Essen ist per Mail unter info@caritas-essen.de zu erreichen, telefonisch unter 0201 81028-0.