Die Ordensgemeinschaft der Barmherzigen Schwestern verlässt in diesem Herbst das Kloster Schuir in Essen. Neuanfang zum Lebensabend in Schönebeck
Text Jutta Laege I Fotos Achim Pohl
Den Blick aus dem Panoramafenster der dritten Etage über die Höhen und Felder bis ins Ruhrtal wird sie vermissen. Da ist sich Schwester Mathilda sicher. Auf der anderen Seite weiß sie, wie ihre Mitschwestern auch, dass es am Standort des Klosters Schuir nicht weitergehen kann. Ironie des Schicksals: In diesen Tagen wird ihr Mutterhaus am Schuirweg 80 Jahre alt. Und noch in diesem Jubiläumsjahr heißt es für die Barmherzigen Schwes-tern nun, von der gewohnten Umgebung Abschied zu nehmen und neu anzufangen.
Das sagt und schreibt sich nicht so leicht, immerhin ist nicht nur das Haus, sondern sind auch die noch in Schuir lebenden Schwes-tern in die Jahre gekommen: Das Durchschnittsalter der 30 dort verbliebenen Damen liegt bei fast 83 Jahren. In den Hochzeiten des Klosters lebten hier rund 150 Schwestern, die das Anwesen bewirtschafteten und ganz im Sinne der Patronin, der heiligen Elisabeth von Thüringen, eine Vielzahl vor allem sozialer und seelsorgerischer Aufgaben im Ruhrbistum übernahmen. Doch die Zeiten haben sich dramatisch verändert. „Wir haben seit 40 Jahren keinen Nachwuchs mehr“, sagt Generaloberin Schwester Diethilde Bövingloh, die seit 2014 dem Kloster vorsteht. „Und die klassischen sozialen Aufgaben werden heutzutage von anderen Trägern übernommen.“
HOCHACHTUNG VOR DER GROSSEN LEBENSLEISTUNG
Diethilde ist eine freundliche, resolute Person und mit ihren 69 Jahren jünger als die Mitbewohnerinnen. Sie entstammt nicht dem Orden der Barmherzigen Schwestern. Sie ist Franziskanerin, ihr Mutterhaus ist in Münster. Von dort wurde sie von Essens Bischof abgeworben – auf Zeit. Ihr Auftrag: Das Kloster in Schuir abzuwickeln und ein neues Zuhause für die Barmherzigen Schwestern und für deren Lebensabend zu finden. „Ich habe eine große Hochachtung vor diesen Frauen, die ich hier kennengelernt habe“, sagt Schwester Diethilde. Das klingt nicht pathetisch, son-dern schlicht und trotzdem ergreifend. „Ich habe Hochachtung vor ihrer großen Lebensleistung in und um Essen herum und auch für das Ruhrbistum.“