Glauben Sie an Gott, Herr Maffay?

 

 

Ihr neuer Song Halleluja bedeutet wörtlich „Lobpreiset Gott“. Welche Bedeutung hat Halleluja für Sie?

Peter Maffay: Ich glaube, einen gültigen Fingerzeig bekommt man, wenn man den Rest des Textes ein bisschen beleuchtet. Da geht es eindeutig um den ersten Schritt. Zwei Parteien stehen sich gegenüber, erstarren, der Dialog versandet, und es gibt keine Bewegung mehr aufeinander zu. Der erste Schritt kostet Überwindung. Wer hat die Souveränität oder die Kraft oder den Glauben, über den eigenen Schatten zu springen? Das ist eigentlich das Lied. „Halleluja“ gibt einfach dem Gefühl Ausdruck, wenn man diesen ersten Schritt tut, ist es wie eine Erlösung. Dann ist es so wie „Halleluja“. Es ist vollbracht – man kann wieder einen Neuanfang machen.

Sie engagieren sich sehr für benachteiligte, traumatisierte Kinder quer durch alle Religionen. Was bedeutet Religion für Sie?

Maffay: Religion ist eine Instanz, die funktioniert, wenn alle anderen Sachen nicht mehr funktionieren. Ein Dialog, eine Ausrichtung, ein Korrektiv, das eben dann eine letzte, oft die letzte Möglichkeit bedeutet, sich zu orientieren.

Spielt Religion in Ihrem persönlichen Leben eine Rolle?

Maffay: Absolut. Das heißt: Glaube ja, die Zugehörigkeit zu einer Konfession überhaupt nicht. Das ist für mich mehr als zweitrangig. Die Festlegung auf eben diese Zugehörigkeit, evangelisch, protestantisch, katholisch, buddhistisch bedeutet mir gar nichts, weil es an der Instanz nichts ändert. Und weil ich natürlich auch ablehne, wenn einer für sich den besseren Gott beansprucht. Das ist, glaube ich, nicht gottgewollt. So hat er uns die Aufgabe nicht gestellt.

Das bedeutet aber nicht, dass Sie nicht an Gott glauben.

Maffay: Nein, nein. An Gott glaube ich. Aber oft nicht an sein Bodenpersonal, das laufend, wie man ja aus der Presse entnehmen kann, auch heute noch Mist baut, das in den vergangenen Jahrhunderten Menschen unterjocht, Missbrauch betrieben, Elend erzeugt und Kriege heraufbeschworen hat. Das haben die Menschen gemacht. Das hat nicht der liebe Gott gemacht.

Wenn man sich heute die Welt heute anschaut, sind die Krisenherde ja nicht weniger geworden. Verliert man den Glauben an eine bessere Welt oder haben Sie den noch?

Maffay: Ich habe ihn noch. Weil er das ist, was uns aufrecht halten kann. Wenn wir diesen Glauben verlören, dann wäre es genau das Gegenteil von unserem Song: „Wenn das so ist“. In dem geht es nämlich genau um diese Situation. Wenn das so ist, wie es ist, wenn wir auf die Ukraine schauen, auf Syrien, Gaza, Afrika, Südamerika, Afghanistan etc., dann müssen wir was tun. Wenn wir nichts tun, dann brettern wir gegen die Wand

Sie schauen jetzt auf eine beispiellose 40-jährige Karriere zurück. Gibt es Dinge, auf die Sie besonders stolz sind?

Maffay: Ich mag das Wort „stolz“ nicht sonderlich. Stolz ist so ein bisschen ein Podest, auf das man sich dann stellt - und zwar selber. Also, wenn andere Leute auf das, was man ist, auf eine Beziehung zu uns, zu mir, stolz sind und das so artikulieren, dann ist das deren freier Wille, es zu tun.

Gibt es einen anderen Begriff, den Sie wählen würden?

Maffay: Ja! Freude. Ich freue mich, wenn irgendetwas schön ist, wenn etwas gelingt, wenn eine Zielsetzung, die man gehabt hat, erfüllt wird. Wenn man erreicht, was man sich vorgenommen hat. Das freut mich. Aber es ist nicht so, dass es mich stolz macht. Stolz ist so ein komisches Wort, das ich gar nicht so sehr mag.

Mit fast 65 sind Sie immer noch sehr jugendlich. Gibt es Dinge, die Sie den Leuten raten können, die nicht mit so viel Energie ausgestattet sind wie Sie?

Maffay: Es steht mir nicht zu, Leuten Weisheiten mit auf den Weg zu geben. Jeder von uns ist so individuell, und jeder hat so individuelle Umstände, mit denen er lebt oder in denen er lebt, die ich nicht beurteilen kann. Und weil ich sie nicht beurteilen kann, macht es keinen Sinn, Quintessenzen zu ziehen für irgendjemand, dessen Leben man nicht kennt. Ich kann durchaus von mir ausgehend sagen, was ich machen würde. Eine der Qualitäten, die mir am sinnvollsten scheinen, ist die eines Marathonläufers. Für mich ist Geschwindigkeit nicht so wahnsinnig wichtig - aber Kontinuität durchaus. Der kann ich sehr viel abgewinnen. Ich muss nicht 100 Meter unter zehn Sekunden laufen können. Kann ich ja sowieso nicht. Nicht bei meiner Körpergröße. Ich kann aber 40 Kilometer gehen oder halbwegs laufen oder wie auch immer. Ich kann mir das zum Ziel machen und am Ende zusehen, dass ich meine Kräfte so einteile, dass ich das auf der Basis meiner Konstitution jetzt schaffe. Ob ich das in fünf Jahren schaffe, oder in einem Jahr - das weiß jemand da weiter oben. Aber daran zu glauben, das macht für mich Sinn.

Können Sie sich vorstellen auch in fünf oder zehn Jahren noch auf der Bühne zu stehen?

Maffay: Wenn da einige Umstände mitspielen, zum Beispiel meine Gesundheit. Wenn die Lust an diesem Dialog mit dem Publikum anhält, und man nicht irgendwann mal andere Prioritäten hat, dann durchaus. Musik im Leben zu haben ist grundsätzlich, und da bin ich meinem Schicksal dankbar, eine Qualität, die ich nicht missen möchte. Musik ist wie Medizin oder wie eine zusätzliche Sprache. Und über Musik hat man einen absolut funktionierenden Zugang zu sich selbst… Menschen, die mit Musik zu tun haben, leben anders, öffnen sich anders. Die ganze Skala der Emotionen, lässt sich mit Musik sehr viel besser triggern als ohne.

Daher rührt ein großer Teil Ihrer Freude?

Maffay: Ich finde, dass ich mit 14, als ich gesagt habe, ich spiele in einer Band, eine ganz wichtige, wenn nicht sogar mit die wichtigste Entscheidung für mein Leben getroffen habe. Und so viele richtige wie die - oder vergleichbare - gibt es nicht. (jl)

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